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Schadstoffe töten Eismöwen

Geschrieben von Heiner Kubny am . Veröffentlicht in Forschung & Umwelt.

Die Natur in der Arktis erscheint auf den ersten Blick unberührt - doch unter der starken Belastung ihrer Umwelt mit organischen Schadstoffen leiden vor allem die Vögel. Eine Langzeitstudie zeigt, dass Eismöwen durch die Umweltgifte früher sterben.

Die Eismöwe ist ein grosser Vogel aus der Familie der Möwen, der die Küsten der subpolaren Zone und der Polargebiete der Arktis bewohnt.
Die Eismöwe ist ein grosser Vogel aus der Familie der Möwen, der die Küsten der subpolaren Zone und der Polargebiete der Arktis bewohnt.

Kjell Einar Erikstad vom «Norwegian Institute for Nature Research» und seine Mitarbeiter hatten im Jahr 1997 insgesamt 111 ausgewachsene Eismöwen beringt. Sie entnahmen den Tieren eine Blutprobe und ermittelten, wie stark sie durch chlororganische Verbindungen belastet waren. In den folgenden sieben Jahren prüften die Forscher, wie viele der Vögel noch lebten. Sie stellten fest, dass die Überlebenswahrscheinlichkeit bei sehr stark belasteten Tieren sank.

Die Eismöwe ist oft in der Nähe von Brutkolonien anderer arktischer Vogelarten zu finden, von deren Eiern und Jungvögeln sie sich und ihren Nachwuchs dann grösstenteils ernährt.
Die Eismöwe ist oft in der Nähe von Brutkolonien anderer arktischer Vogelarten zu finden, von deren Eiern und Jungvögeln sie sich und ihren Nachwuchs dann grösstenteils ernährt.

Bei den überwachten Weibchen wirken sich der Untersuchung zufolge schon geringere Schadstoffkonzentrationen negativ aus. Möglicherweise riefen die Substanzen über das geschlechtsspezifische Hormonsystem unterschiedliche Reaktionen hervor, schreiben die Forscher. Denkbar sei etwa, dass männliche Eismöwen bei hoher Schadstoffbelastung die Fortpflanzung einstellten und sich mehr um das eigene Überleben kümmerten.

Gering belastete Eismöwen hatten der Untersuchung zufolge erstaunlicherweise eine besonders hohe Überlebenschance. Sie lag sogar höher als in anderen, weniger belasteten Eismöwen-Populationen. Warum das so ist, können die Forscher nicht sicher erklären. Möglicherweise sterben infolge der Schadstoff-Belastung in erster Linie die empfindlicheren Tiere, so dass über die Jahrzehnte eine Population mit besonders starken und wenig empfindlichen Tiere entstehe, vermuten die Forscher.

Vögel im Jugendkleid sind überwiegend hell graubraun. Das Gelege besteht aus 1-2 Eiern. Die Jungvögel verlassen nach 45–50 Tagen das Nest und werden von den Elterntieren nur noch einige Tage mit Futter versorgt.
Vögel im Jugendkleid sind überwiegend hell graubraun. Das Gelege besteht aus 1-2 Eiern. Die Jungvögel verlassen nach 45–50 Tagen das Nest und werden von den Elterntieren nur noch einige Tage mit Futter versorgt.

Chlororganische Verbindungen sind in vielen Produkten der chemischen Industrie enthalten, etwa in Pestiziden, Holzschutzmitteln und Kunststoffen. Sie werden wie auch andere Schadstoffe von Meeresströmungen oder grossen Eismassen in die Arktis transportiert.